29.04.2023
Bislang habe ich meinen MG4 Electric nur zu Hause an meiner Wallbox geladen, mit 11kW AC. Jetzt will ich mal richtiges Schnellladen ausprobieren, an einem Hypercharger. Die DC-Ladeleistung des MG4 Electric Comfort ist mit 135kW angegeben. Das will ich sehen.
Laden an DC-Schnellladestationen aka Hyperchargern (HPC) ist derzeit in Deutschland richtig teuer. Wenn man nicht irgendeinen vom Fahrzeughersteller gesponsorten Spezialtarif hat, findet man kaum Preise unter 0,60€/kWh. Autsch.
Aber in dem unübersichtlichen Dschungel der Ladestromanbieter findet sich zumindest zeitweise die eine oder andere Ausnahme. Hier kommt mein aktueller Tipp:
Freshmile ist ein französischer Anbieter, der bei der Abrechnung geladenen Stroms eine Kombination aus kWh-Preis und Minutenpreis anwendet. Je schneller ein Elektroauto laden kann, um so preisgünstiger wird eine solcherart abgerechnete Ladung.
Bis vor kurzem konnte man mit Freshmile an zahlreichen Ladestationen in Deutschland zu ziemlich attraktiven Preisen laden, aber seit der letzten Preiserhöhung ist das leider Geschichte. Aktuell (April 2023) sind nur einige wenige Ladeverbünde übriggeblieben, bei denen Freshmile im Roaming noch attraktiv ist.
Einer dieser Ladeverbünde ist Shell Recharge (früher NewMotion). Hypercharger von Shell Recharge gibt es mittlerweile etliche, wenn auch regional unterschiedlich verteilt.
Was braucht man, um mit Freshmile laden zu können: Die Freshmile-App und eine RFID-Ladekarte, „Freshmile Pass“ genannt:
Bildquelle: Freshmile
Den Freshmile Pass gibt es als Karte oder Schlüsselanhänger, jeweils für einmalig 4,99€. Freshmile erhebt keine Grundgebühr, so dass man es gut einsetzen kann, wenn man nur gelegentlich oder selten öffentlich laden muss.
In der Freshmile App kann (und sollte) man den jeweils aktuellen Preis einer Ladestation abfragen. Für den von mir ausgesuchten Shell-HPC in Hannover sind es 0,21€/kWh + 0,07€/Minute:
Das klingt doch sehr gut. Ich überschlage: Wenn ich es mit dem MG4 in einer halben Stunde schaffe, 50kWh zu laden, zahle ich insgesamt 12,60€. Das wären dann nur 0,25€/kWh, ein extrem guter Preis. Viel billiger als mein aktueller Hausstromtarif. Mal schauen, ob das tatsächlich hinkommt.
Ich fahre zu Shell in der Wülfeler Str. 80 in Hannover.
Meine Anfahrt ist sehr kurz. Der Akku dürfte bei Ankunft kaum wärmer sein als die Außentemperatur: 13°C. Vorgeheizt habe ich ihn nicht.
Als maximale Ladeleistung des HPC sind in der Freshmile-App 475kW angegeben; vor Ort auf dem Schild stehen 150kW (auf dem Titelbild oben zu sehen). Mir kann es egal sein, selbst 150kW wird mein MG4 Comfort nicht erreichen.
Ich komme mit 7% SOC an und lade bis 80%.
Zum Freischalten der Ladung halte ich meine Freshmile-Karte an das große RFID-Symbol unterhalb der Bedienknöpfe. Als Rückmeldung erhalte ich den Hinweis, das diese Karte nicht autorisiert sei. Äh? Ich halte die Karte nochmal an das Symbol: Gleiches Resultat. Leidgeprüft wie ich diesbezüglich nach fast 10 Jahren elektrischen Fahrens bin, will ich das beinahe unter ?!#%§!? verbuchen und unverrichteter Dinge wieder fahren.
Da fällt mir aus dem Augenwinkel auf, dass der Kartenleser rechts vom Display der Ladesäule auch ein RFID-Symbol hat, wenn auch sehr unscheinbar.
Ich denke erst, dieser Kartenleser ist bestimmt nur für AdHoc Kreditkartenzahlung zu Mondpreisen da. Aber als ich meine Freshmile-Karte spaßeshalber davorhalte, piept es und der Ladevorgang startet! Muss man nicht verstehen, oder?
Die Ladeleistung geht innerhalb weniger Minuten stramm hoch auf über 130kW:
Die vom Hersteller angegebenen 135kW Maximalleistung werden sogar leicht überschritten:
Bei knapp über 50% sehe ich einen kurzen 140kW-Peak. Direkt danach fällt die Ladeleistung kontinuierlich ab. Bei Erreichen von 80% beträgt sie noch 47kW:
Während der Ladung setze ich die SOC-Zielvorgabe im Fahrzeugdisplay von 100% auf 80% herunter. Als die 80% erreicht werden, bricht der Ladevorgang nicht wie erwartet gleich ab, sondern die Ladeleistung beginnt, wild zwischen allen möglichen Werten im Bereich unter 10kW bis über 30kW zu variieren. Das gucke ich mir eine oder zwei Minuten an und beende dann die Ladung manuell (mit dem Button „Ladevorgang beendet“ im Fahrzeugdisplay, der eigentlich „Ladevorgang beenden“ heißen müsste).
Direkt nach dem Abstöpseln des Ladekabels schaue ich in die Freshmile-App. Ich lud 47,22kWh, etwas weniger als geschätzt. Die Kosten belaufen sich auf 12,18€. Der Ladevorgang dauerte 29:46 Minuten. Da war ich mit meiner Prognose ziemlich genau.
Somit betragen die Kosten dieser Ladung rund 0,26€/kWh. Cool. :-)
Ich habe in der Freshmile-App eine Kreditkarte hinterlegt. Zusätzlich gibt es da die Möglichkeit, eine Art Prepaid-Konto aufzuladen. Da hatte ich im Vorfeld 20€ aufgebucht. Die Kosten dieser Ladung wurden vom Prepaid-Konto abgezogen. Angeblich soll aber bei Kreditkartenhinterlegung kein Guthaben auf dem Prepaid-Konto erforderlich sein. Das werde ich beim nächsten Mal testen.
Laden mit Freshmile an Shell-HPC dürfte derzeit wohl die preiswerteste Möglichkeit sein, Elektroautos an öffentlichen Schnellladern in Deutschland aufzuladen – entsprechende Ladeleistung vorausgesetzt. Hoffentlich bleibt das noch eine Weile so. Nicht weitersagen! ;-)
Der MG4 Electric Comfort schafft auch bei suboptimaler Akkutemperatur unterhalb von 50% SOC sogar eine höhere als die vom Hersteller angegebene maximale Ladeleistung und erzielt insgesamt von 7% bis 80% einen sehr guten Leistungsdurchschnitt von rund 94kW.
Nach 9 Jahren ZOE der reine Wahnsinn. :-)
Schon bald nach meinem ersten Hypercharging-Erlebnis ergibt sich die nächste Gelegenheit. Auf der Rückfahrt von Bremen laden wir an der Shell-HPC in Wedemark (neues Titelbild dieses Beitrags). Wir kommen mit nur 5% SOC an und laden wieder bis 80%. Wie beim ersten Mal auch gibt es einen kurzen Leistungspeak von 140kW bei ca. 50%. Dafür ist die durchschnittliche Ladeleistung diesmal noch etwas höher: 102,6kW (47,69kWh in 27:53 Min.) :-)
Stay tuned!