25.04.2023
Auf dem Foto sieht man zwei Exemplare eines Innenraumluftfilters für den MG4 Electric. Wieso hat der hellere einen Daumen nach unten und der dunklere einen Daumen nach oben? Das erklärt mein heutiger Bericht.
Vor mir fährt ein sehr merkwürdiges Fahrzeug. Es hat hinten so ein seltsames Rohr, aus dem irgendwas herauskommt, das widerlich stinkt und bestimmt nicht gesund ist. Darf sowas überhaupt in der Öffentlichkeit fahren? Wo sind die Ordnungshüter, wenn man sie braucht? Oh, die fahren ja selbst mit solchen Vehikeln rum. Hmmm…
Besonders in der kalten Jahreszeit, wenn praktisch alle Verbrenner ihre Abgasreinigung abschalten (wg. Motorschutz, achso, natürlich), nervt es mich, den Gestank und alles Ungesunde, was damit verbunden ist, im Innenraum meines MG4 Electric zu haben, wenn ich hinter so einem Auto herfahre – oder überhaupt in der Stadt.
Der MG4 Electric Comfort hat zwar ab Werk einen Feinstaubfilter (PM 2.5) verbaut, aber das hält nur Partikel ab. Gerüche und gesundheitsschädigende Gase wie NOx kommen trotzdem durch.
Es nützt auch nichts, da auf Umluft zu schalten, denn wenn man es riecht, ist es schon zu spät. Dann erst die Klappen zu schließen hält die schlechte Luft ja drin. Außerdem beschlagen bei ungünstigen Wetterbedingungen die Scheiben.
Es gibt bessere und wirksamere Innenraumfilter – mit Aktivkohle. Diese filtern u. a. über 90% der Stickoxide aus der angesaugten Außenluft. Daher habe ich schon in meiner ZOE einen Aktivkohlefilter eingebaut, mit sehr gutem Ergebnis. Also soll nun auch mein MG4 Electric einen Aktivkohlefilter bekommen.
Erstmal aber muss ich gucken, was für ein Filter standardmäßig drin ist, damit ich Ausschau nach einem passenden Aktivkohlefilter halten kann.
Die erste Frage, die sich stellt, ist: Wo befindet sich im MG4 Electric überhaupt der Innenraumfilter? In meiner ZOE war da nur schwer heranzukommen, es war ein elendes Gefrickel.
Zum Glück haben es uns die MG4-Konstrukteure sehr leicht gemacht: Der Innenraumluftfilter befindet sich unter der Motorhaube. Man kommt sehr leicht heran und ein Filterwechsel ist mit wenigen Handgriffen ohne jedes Werkzeug praktisch in Sekunden erledigt.
Das Fach, in dem sich der Luftfilter beim MG4 Electric befindet, ist bei geöffneter Motorhaube gut zugänglich. Die Klappe, die es verschließt, ist oben mit 3 Laschen eingeklipst, die man einfach etwas herunterdrücken und dann ausklipsen kann.
Dann nimmt man die Klappe nach oben heraus. Schon sieht man den vorderen Rand des Filters:
Der Filter lässt sich nun einfach und leicht nach vorn herausziehen.
So sieht der Originalfilter aus, nach rund 1.800km noch sehr sauber:
Ich messe Länge, Breite und Höhe und mache mich im Netz auf die Suche nach einem passenden Aktivkohlefilter.
Erst verwende ich naheliegende Suchbegriffe wie „MG4 Innenraumfilter Aktivkohle“, aber den MG4 haben noch kaum Hersteller in ihren Fahrzeug-Auswahllisten. Ich befürchte beinahe, es gibt für dieses ziemlich neue E-Auto noch gar keine Ersatzfilter… Sind vielleicht zu exotisch? Das wäre echt blöd.
Ich gebe aber so leicht nicht auf und ändere meine Suchmethode. Schließlich entdecke ich, dass man auf der MANN-FILTER-Website Filter auch einfach nach Abmessungen suchen kann. So werde ich endlich und tatsächlich fündig. :-)
Da das Beste in diesem Fall gerade gut genug ist, entscheide ich mich für das High-End-Modell, den „FreciousPlus FP 36 006“*.
Kosten: rund 26 € inkl. Versand.
Dieser „Biofunktionale Innenraumfilter“ besteht aus drei Lagen: einem PM 2.5 Partikelfilter, einer Aktivkohleschicht und einer Lage mit antimikrobieller und „biofunktionaler“ Beschichtung.
Der Hersteller bewirbt diesen Filter mit: „Seine Polyphenol-Beschichtung bindet mehr als 95% der Allergene aus der Umgebungsluft und stoppt Feinstaub fast komplett. Eine zusätzliche antimikrobielle Schicht verhindert das Wachstum von Schimmel und Bakterien auf der Oberfläche des Filters.“
Äh, Moment noch, was sind Polyphenole? Ist das hier vielleicht der Beelzebub, der den Teufel austreiben soll? Entwarnung: Natürliche Polyphenole sind sekundäre Pflanzenstoffe mit antioxidativer Wirkung und vielfältigen gesundheitsfördernden Anwendungsmöglichkeiten.
Ich bestelle sofort und muss über's Wochenende ein paar Tage auf die Lieferung warten. Am Wochenende sind wir mit dem MG4 unterwegs. Das Wetter ist warm und sonnig. Leider beginnen die zweirädrigen und oft auch -taktigen Nervensägen wieder auszuschwärmen. Unfassbar, was für Abgasfahnen die hinter sich herziehen. Kohlefilter, komm schnell!
Am Montag erhalte ich die Versandbenachrichtigung, am Dienstag ist der FreciousPlus endlich da.
Durch die schwarze Aktivkohle ist die Schicht auf der Oberseite deutlich dunkler als der Originalfilter. Damit wäre dann auch das Eingangsrätsel gelöst. Die Unterseite muss die polyphenolbeschichtete Lage sein. Sie sieht gelblich/grünlich aus.
In der Mittagspause will ich die Filter schnell tauschen – aber ganz so schnell geht es dann doch nicht. Wie sich herausstellt, ist der FP36006-Kohlefilter ein kleines bisschen schmaler und kürzer als der Originalfilter.
Es sind nur ein paar mm. Der Filzrand des Originalfilters ist einfach dicker.
Der Unterschied ist jedoch so groß, dass der FP36006 im Filterfach nicht fest genug sitzt und nicht zu 100% abdichtet. Dadurch besteht die Gefahr, dass an den Seiten Luft ungefiltert durchkommt. Das wäre natürlich total kontraproduktiv, daher ist etwas Nacharbeit am FP36006 erforderlich.
Die einfachste Lösung scheint mir zu sein, die Ränder vom Originalfilter abzutrennen und mittels doppelseitigen Klebebands an den FP36006 anzukleben.
Frisch an's Werk! Ich trenne zunächst mit einem Cutter die Schmalseiten ab.
Das geht relativ gut. Danach versuche ich mich an einer Längsseite. Das geht nicht so gut. Es bleibt ein Zickzack-Rest der Filterlagen am abgetrennten Rand, weil ich nicht sauber genug schneiden kann.
Als Alternative fallen mir Filzgleiter ein. Natürlich nicht einzelne kleine runde oder eckige (die würden ja dann Luft vorbei lassen). Es gibt auch Bögen, die man frei zuschneiden kann. Sowas hab ich noch da. Schnell sind die passenden Streifen für die Längsseiten zugeschnitten.
Die aus Filzgleitermaterial zugeschnittenen Längsstreifen haften selbst, für die Schmalseiten verwende ich wie ursprünglich gedacht doppelseitiges Klebeband, um die vom Originalfilter abgetrennten Filzstreifen zu befestigen.
Das funktioniert alles super.
Als weitere Alternative kommen mir noch Türdichtungen aus Profilgummi in den Sinn, wahrscheinlich wäre das auch eine Möglichkeit. Brauche ich dann aber nicht.
So sieht der fertig umgebaute Filter aus (die Kanten sind jetzt deutlich dicker):
Der in Länge und Breite etwas ergänzte FreciousPlus FP36006 passt nun schön fest in das Filterfach und sitzt dicht.
Beim Einbau auf den richtigen Airflow achten: die gelbgrüne Seite muss nach unten.
Den Filter ganz hineinschieben, fertig!
Zum Abschluss die Klappe natürlich nicht vergessen wieder einzusetzen und zuzuklipsen.
Das war's!
Es geht noch besser. (Ich liebe die Schwarmintelligenz und Hilfsbereitschaft der elektromobilen Community.)
User c1olli hat einen Rahmenadapter für den FP36006-Filter entworfen und die Vorlage für 3D-Drucker im GE-Forum veröffentlicht. Damit entfällt der Umbau des MANN-Kohlefilters. Er wird einfach in den Rahmen gesteckt und alles zusammen passt dann perfekt in das Luftfilterfach des MG4.
Die Größe der Rahmenteile ist so gewählt, dass die meisten Druckbetten passen sollten. Verbunden sind die beiden Teile auf der Unterseite mit Klebeband. Das Ganze lässt sich ohne Spiel in das Filterfach einschieben.
Als Material wurde Tough PLA von M4P gewählt, PETG ABS sollten aber auch OK sein.
Wer einen 3D-Drucker hat oder jemanden kennt, der einen hat, kann sich einen solchen Rahmen mit der hier verlinkten Vorlagendatei leicht selbst drucken:
Download der Rahmenvorlage im STL-Format für 3D-Drucker (ZIP-Datei < 1kB).
Herzlichen Dank c1olli!
Wir wissen aus den Messungen von Forschern der Universität Heidelberg, dass die Stickstoffdioxid-Belastung im Auto um über 90% sinkt, wenn Aktivkohlefilter eingebaut sind.
Aus dem oben verlinkten Bericht geht leider nicht hervor, wie lange diese Filterwirkung anhält. Das wäre noch sehr wichtig zu wissen, denn danach richtet sich ja das Wechselintervall.
Da ich leider kein geeignetes Messgerät habe, kann ich nur meiner Nase nach gehen: Sobald Außengerüche wieder im Innenraum ankommen, ist der Kohlefilter offenbar verbraucht und muss erneuert werden. Ich bin gespannt, wie lange das wohl dauert und werde berichten.
Wenn der FreciousPlus FP36006 Aktivkohlefilter* ab Werk 100%ig in den MG4 Electric passen würde, könnte der Filterwechsel in unter einer Minute erledigt werden. So dauert es ein bisschen länger, aber der Aufwand lohnt sich. Mit dem 3D gedruckten Adapter von c1olli entfällt das Vergrößern des MANN-Filters. Die Luft im Innenraum ist nun viel besser!
Stay tuned!
*) Dieser Link ist ein amazon-Werbelink.